Rechtsanwalt Boris Zimmermann

Wie in allen internationalen Geschäftsbeziehungen benötigen Sie Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, Geduld und Hintergrundwissen zur Kultur. Nigeria ist hier jedoch – erwartungsgemäß – noch ein ganzes Stück spezieller als andere Länder.

1. Der erste Kontakt

Insbesondere beim ersten Treffen ist die hierarchische Etikette unbedingt einzuhalten, mit korrekter Anrede wie etwa “Honourable” bei Parlamentsabgeordneten, “Your Excellency” bei Botschaftern/Ministern.

Handschlag und Austausch von Visitenkarten stehen immer am Anfang. Wichtig ist einleitende Konversation mit lockerem „Smalltalk“, der gern humorvoll sein darf. Wählen Sie unverfängliche Themen, meiden Sie sensible politische oder ethnische/religiöse Themen, um niemanden unwissentlich anzugreifen. Bei Gelegenheit Kenntnisse der lokalen Verhältnisse zu zeigen zeugt jedoch von Respekt und Interesse. Häufig gibt es bei einem Treffen einen inffoziellen Teil, bei dem es etwas zwangloser zugeht.

2. Die Begrüßung

Das Begrüßungsritual ist in Nigeria sehr wichtig und zeugt von Respekt. Selten begrüßt man sich im Vorbeigehen. Nehmen sie sich Zeit dafür, Freundlichkeiten auszutauschen und sich nach dem Wohlbefinden des Gegenübers zu erkundigen. Nachfolgend eine typische Begrüßung unter Nigerianern, über die man in Deutschland eher schmunzeln mag:

Welcome!

Thank you

Long time no see, how are you?

Fine

Your family?

Fine

Your father?

Fine

The children?

Fine

(kurze Stille)

Long time!

Yes!

Welcome!

Thank you!

How?

Fine!

Welcome!

Setzen Sie dagegen eine typisch deutsche Begrüßung, erkennen Sie leicht den kulturellen Unterschied.

Versuchen Sie, jede Person einzeln zu begrüßen, geordnet nach dem Senioritätsprinzip. Üblich ist auch eine leichte Verneigung vor älteren Personen. Vermeiden Sie Augenkontakt, wenn Sie mit Vorgesetzten oder älteren Personen sprechen.Grundsätzlich erfolgt zwischen Nigerianern viel weniger Augenkontakt als in den westlichen Kulturen. Vielmehr könnte der (permanente) Augenkontakt bei einer Konversation als Zeichen von Aggression oder Unverschämtheit missverstanden werden.

Bis Sie dazu eingeladen werden, jemanden mit dem Vornamen anzusprechen, nutzen Sie Mr./Mrs./Ms. und den Nachnamen. Viele Nigerianer legen Wert darauf, mit ihrem Titel angesprochen zu werden. Insbesondere bei offiziellen Anlässen ist dies von großer Wichtigkeit.

3. Ablauf von Geschäftshandlungen

Smalltalk steht oft am Anfang und kann auch länger dauern als in Deutschland. Eine zielorientierte thematische und zeitliche Strukturierung der Gespräche nach deutscher Vorstellung findet sich bei Nigerianern eher selten.

Erwarten Sie Unterbrechungen und Drop-Ins während eines Termins. Nigerianische Geschäftstreffen finden nur selten in einem privaten Büro oder einem abgeschiedenen Bereich statt. Es ist akzeptabel, dass Familienangehörige, Freunde oder andere Mitarbeiter unangemeldet vorbeischauen und die Person, mit der Sie sich treffen, auch für sich beanspruchen. Vor allem beim Zeitfaktor sollten Sie flexibel bleiben und sich auf langwierige Entscheidungsprozesse einstellen.

4. Geschäftsessen

Einladungen nigerianischer Geschäftspartner erfolgen üblicherweise in gute Restaurants oder Hotels. Einladungen in die private Residenz sind eher bei Diplomaten üblich. In der Regel ist der private Umgang zwischen Europäern und Nigerianern meist auf wenige persönliche Kontakte mit ausgewählten Persönlichkeiten aus den gehobenen Schichten beschränkt.

Bei einem gemeinsamen Essen ist es entgegen der deutschen Ansicht nicht ratsam, seinen Teller leer zu essen. Auch bei einem Geschäftsessen beenden Sie Ihr Essen nicht. Lassen Sie immer einen Rest auf dem Teller liegen. Denn: alles auf dem Teller zu essen bedeutet, dass Sie immer noch hungrig sind und Sie nicht genug zu essen bekommen haben. Insbesondere, wenn Sie eingeladen werden, möchte Ihr Gastgeber nicht das Gefühl haben, er hätte Sie nicht ausreichend bewirtet bzw. bewirten lassen.

5. Verhandeln

Verhandeln ist Teil des Geschäfts und wird erwartet. Betrachten Sie es nicht als unhöflich, wenn der Partner den Preis nachverhandeln will oder aus Ihrer Sicht zu hohe Preisvorstellungen hat. Im Gegenteil, es ist ein natürlicher Teil einer Geschäftsverhandlung. Werten Sie dies keinesfalls als Versuch, Sie über den Tisch zu ziehen.

6. Gesicht wahren

Die Gesichtswahrung ist oberstes Gebot. Übereinstimmung zu signalisieren ist in Nigeria ein Zeichen des Respekts. So kann es sein, dass Ihr Geschäftspartner aus diesem Grund eine Zusage zu einem Geschäft macht, auch wenn er gar nicht die Absicht hat, ein solches mit Ihnen durchzuführen. Dies ist keine Art von Manipulation oder Betrug, sondern einfach ein Zeichen der Höflichkeit. Er möchte nur nicht „nein“ sagen.

Die deutsche Art, Dinge (explizit) beim Namen zu nennen, ist Nigerianern generell fremd. Eine direkte Verneinung gilt als unhöflich, wie auch offene Kritik. Jeder ist um Gesichtswahrung auf allen Seiten bemüht.

7. Überprüfen Sie die Absichten

Nachdem Sie eine Vereinbarung geschlossen haben, sollten Sie nicht sofort wieder abreisen. Bleiben Sie noch ein paar Tage vor Ort und vergewissern Sie sich, dass Ihre Vereinbarung auch umgesetzt wird, z. B. bei einem Anschlusstreffen. Denken Sie an Regel Nr. 6.

8. Pflege von Beziehungen

Ohne persönliche Kontakte können Sie in Nigeria keine guten Geschäfte machen. Für die Pflege von Beziehungen mit nigerianischen Geschäftspartnern sind unbedingt regelmäßige persönliche Treffen erforderlich. Dies bedeutet für Sie einen entsprechenden Reiseaufwand, der kostenmäßig einzukalkulieren ist. Kommunikation per E-Mail oder Telefon ist nur ein Mittel zum Austausch dringender Mitteilungen. Gesetze und Regularien sind eine Sache. Es ist der richtige Kontakt, der Ihnen die Möglichkeit zu einem Geschäft eröffnet.

Ich hoffe, dieser Wegweiser ist eine Hilfe für Sie bei Ihren Schritten nach Nigeria. Für weitergehende Beratungen stehen wir natürlich in Frankfurt und unserem Netzwerk in Nigeria zur Verfügung. Schreiben Sie an frontdesk@ra-zimmermann.net.